Vor den nächsten Wahlen in Griechenland scheinten die Politiker tatsächlich aktiv den Austritts Griechenlands in Betracht zu ziehen. Giles Keating, der Leiter der Abteilung für Globale Foschung für privates Banking und Anlagemanagement der Credit Suisse etf sagt, dass Griechenlands Chancen dennoch gut sind und redet über die Folgen und die potentiellen Kaufmöglichkeiten auf den Finanzmärkten.
Cushla Sherlock: Wie stehen die Chancen, dass Griechenland noch im Euro bleibt?
Giles Keating: Die Chancen sind verhältnismäßig gut. Das Griechenland den Euro verlässt, ist nicht im Interesse des griechischem Volkes und dem Rest der Eurozone. Wir glauben, dass ein Kompromiss gefunden werden wird, aber wir können da nicht sicher sein.
Was könnte passieren, wenn Griechenland tatsächlich den Euro verlässt – wie stehen die Chancen hierfür?
Wir sehen dies als Endrisiko an, was bedeutet, dass es möglich wäre, aber es ist bisher nur ein Risikoszenario. Wenn Griechenland tatsächlich den Euro verlassen würde, könnte dies zum Scheitern der Verhandlungen einer möglichen neuen griechischen Regierung und den anderen Partner aus der Eurozone nach dem 17. Juni führen. Unter diesem Umständen würde die Europäische Zentralbank (EZB) Griechenland möglicherweise veranlassen, mit der Erlaubnis der anderen Führer in der Eurozone auszutreten. Dies würde die Bereitstellung von Geldern für die griechischen Banken und deren Zugang zum internationalen Zahlungssystem verhindern, welches im Falle eines Verlassens der Eurozone durch Griechenland in Mitleidenschaft gezogen werden würde. Dies würde negative Auswirkungen und negative Folgewirkungen sonstwo haben. Die EZB ist darauf vorbereitet, eine Menge an zusätzlicher Liquidität bereitzustellen, um dies aufzufangen, was zwar zumindest die negativen Auswirkungen abschwächen, sie aber nicht komplett verhindern würde.
Die Situation scheint auch die Aktienmärkte zu beherrschen. Wie wird sich das auswirken?
In unserem zentralen Szenario nehmen wir an, dass die Aktienmärkte ungefähr zu ihren Tiefständen abschließen oder weitere Tiefstände erleben werden. Aber wir würden solche Einbrüche als Kaufmöglichkeiten ansehen. Wenn sich das Risikoszenario bewahrheiten würde und Griechenland den Euro verlassen müsste, ist es wahrscheinlich, dass sich die Märkte abschwächen. Wir sind allerdings der Ansicht, dass dies weitere Kaufgelegenheiten auf einem niedrigeren Niveau schaffen würde, die aus der von der EZB zur Vermeidung einer tiefen Rezession zur Verfügung gestellten Liquidität angeregt würden.
Die Goldpreise sind in den letzten Wochen, teilweise wegen der Unsicherheit in Europa, unter Verkaufsdruck geraten. Können wir eine Erholung erwarten?
Wenn man sich die Charts für Gold ansieht, sehen die Verläufe nicht besonders gesund aus. Einige der Grundlagen sehen besser aus, da die Zinssätze immer noch negativ sind und das ist für das Gold hilfreich. Dies zeigt an, das im kurzfristigen Trend Gold größtenteils seitwärts ist.
Einige Monate zuvor sagten Sie, dass das geopolitische Risiko im Mittleren Osten zu möglichen Ölpreiserhöhungen führen würde und dass dies eine größeres Risiko für die globalen ökonomischen Aussichten sei als die Krise in der Eurozone. Ist dies immer noch Ihre Grundannahme?
Seit einiger Zeit wird den Spannungen im Mittleren Osten weniger Aufmerksamkeit geschenkt und es gibt Anzeichen, dass sich diese Spannungen verringern. Der zwischen einigen Parteien stattfindende Dialog ist hilfreich und wir haben eine Menge an Öllieferungen erlebt – beispielsweise sind die libyschen Lieferungen wieder im Lot. Obwohl tatsächlich die Nachfrage gestiegen ist, hat all dieses die Preise verringert. Zusammengefasst scheint diese nicht als zentrales Risiko, aber Risiken dieser Art werden nie ganz verschwinden.
Aber was auf lange Sicht – wie lange werden wir noch in einer gering wachsenden Umgebung verharren?
In den nächsten Jahren wird wahrscheinlich weiter ein schleppendes Wachstum herrschen. Darüber hinaus ist eine interessante Frage: Wird der Schuldenüberhang das Wachstum für eine verlängerte Zeit verhindern? Aber es ist auch möglich, dass gewisse Entwicklungen wie die neuen Öllieferungen und Schiefergasentdeckungen – die eine revolutionäre Quelle für neue preisgünstige Energie sind – tatsächlich dabei helfen werden, Wachstum anzuregen und den Auswirkungen des Schuldenüberhangs entgegen wirken.