Steinbach hat im Kanzleramt offenbar die Hosen an

Berlin (pressrelations) –

Steinbach hat im Kanzleramt offenbar die Hosen an

Anlaesslich der heutigen Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag zur Diskussion um die Besetzung des Sitzes im Rat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versoehnung“ durch Erika Steinbach erklaert die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Angelica Schwall-Dueren:

Das ist eine Farce: Am 1. September gab Kanzlerin Angela Merkel auf der Westerplatte noch vor, zur eindeutigen Kriegsschuld Deutschlands an der Besatzung und Zerstoerung Polens sowie der Ermordung von Millionen polnischer Buerger zu stehen. Im Koalitionsvertrag gibt sie vor, sich gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern fuer die Vertiefung der deutsch-polnischen Beziehungen einzusetzen. Alles nur Lippenbekenntnisse und leere Phrasen. Im Fall Steinbach laesst die Kanzlerin ihren Aussenminister und Polen als unseren groessten und wichtigsten EU-Partner im Osten im Regen stehen und verschanzt sich stattdessen schweigend hinter dicken Amtsmauern. Steinbach hat im Kanzleramt offenbar die Hosen an.

Die Bundeskanzlerin muss endlich zu ihrem Aussenminister und ihren EU-Partnern stehen und Erika Steinbach in die Schranken weisen. Die Gruende liegen auf der Hand: Eine Politikerin wie Frau Steinbach, die 1991 gegen die Bestaetigung der deutsch-polnischen Grenze stimmt, die 2000 den Polen „entmenschten Rassenwahn“ vorwirft, die 2002 den Briten und Amerikanern das Hinnehmen des „Genozids“ an den Deutschen nach 1945 unterstellt, und die die EU-Mitgliedschaft unserer oestlichen Nachbarn mit den Worten „Es bedarf keiner Kampflugzeuge, ein schlichtes Veto genuegt“ ablehnt, ist fuer die deutsche Aussenpolitik schlicht beschaemend.

Erika Steinbach hat sich davon nie distanziert. Auch die Tatsache, dass sie Verstaendnis dafuer hat, dass Vertriebene die Ostpolitik Willy Brandts als „Verrat“ denunziert haben, zeigt, dass Frau Steinbach fuer das Versoehnungsprojekt „Sichtbares Zeichen“ untragbar ist.

Frau Steinbach stilisiert sich zur grossen Friedenskaempferin, in Wahrheit zerstoert sie die muehsame Friedensarbeit der deutschen Vertriebenen Stueck fuer Stueck durch ihre historische Unsensibilitaet und schlichte Verdrehung von Ursache und Wirkung im Kontext des Zweiten Weltkrieges. Frau Steinbach kann nicht fuer alle deutschen Vertriebenen sprechen. Damit missbraucht sie ihre Position und bringt die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versoehnung in Verruf. Sie schadet damit nicht nur der deutschen Erinnerungskultur sondern auch vielen Vertriebenen.

Es ist schlicht nicht wahr, dass es Erika Steinbach um die Versoehnung mit Polen und das Wohl der Vertriebenen geht. Wenn Frau Steinbach behauptet, sie braucht keinen Sitz im Stiftungsrat, um auf die Arbeit der Stiftung Einfluss zu nehmen, und Frau Steinbach sich angeblich nur Verstaendigung wuenscht, warum zieht sie sich nicht zurueck und macht den Weg frei fuer andere? Es bleibt nur ein Rueckschluss: Das ist alles nur geheuchelt.

Davon zeugen auch die juengsten Nachrichten ueber moegliche Kompensationsverhandlungen zwischen der BdV-Spitze und der Bundesregierung im Fall des erneuten Verzichts Steinbachs auf den Stiftungsratssitz. Frau Merkel ist offensichtlich nicht in der Lage, sich gegenueber ihrer Fraktionskollegin durchzusetzen.

Die Bundeskanzlerin darf mit dem historischen Gedenken nicht wie mit Bananen handeln. Verstaendlicherweise kann die Bundesregierung in diesem Fall nicht erwarten, von Polen in der Geschichtspolitik als aufrichtig wahrgenommen zu werden.

© 2009 SPD-Bundestagsfraktion – Internet: http://www.spdfraktion.de