Hamburg, 17. 9. 2010 – Nur wenige Wochen nach der Oelkatastrophe im Golf
von Mexiko hat die Bundesregierung ihre Forderung nach einem sofortigen
Moratorium fuer Oelbohrungen in Tiefsee-Gebieten wieder aufgegeben. Anders
als von Bundesumweltminister Norbert Roettgen (CDU) angekuendigt, setzt
sich Deutschland nun doch nicht fuer einen sofortigen Stopp neuer
Tiefsee-Oelbohrungen im Nordost-Atlantik ein. Nach Informationen von
Greenpeace wurde ein entsprechender Antrag des Umweltministeriums fuer die
naechste Woche beginnende Ministerkonferenz zum Schutz der Meeresumwelt des
Nordost-Atlantiks (OSPAR) auf Druck des FDP-gefuehrten
Wirtschaftsministeriums praktisch wirkungslos gemacht.
„Kaum ist die Oelkatastrophe am Golf von Mexiko aus den Schlagzeilen
verschwunden, hat sich auch Roettgens Forderung nach einem Stopp von
Tiefsee-Oelbohrungen in Luft aufgeloest“, sagt Juergen Knirsch von
Greenpeace. „Nach seinem Desaster bei der Laufzeitverlaengerung fuer
Atomkraftwerke ist der Umweltminister jetzt auch beim Meeresschutz vom
konzernhoerigen Wirtschaftsminister Bruederle ueber den Tisch gezogen
worden.“
Roettgen hatte in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ am 22. Juli gefordert,
dass es „ohne Sicherheit von Bohrungen keine neuen Bohrungen“ in der
Tiefsee geben duerfe. Deshalb werde sich Deutschland fuer „ein Moratorium,
eine Pause fuer neue Bohrungen“ einsetzen. In einem Schreiben an Greenpeace
bestaetigte Roettgens Staatssekretaer Juergen Becker im August, dass das
Ziel der Bundesregierung „ein Moratorium fuer neue Tiefsee-Oelbohrungen im
OSPAR-Raum“ sei. Doch nach der Ressortabstimmung mit dem fuer Oelfoerderung
zustaendigen Wirtschaftsministerium ist davon keine Rede mehr: in dem jetzt
von Deutschland eingereichten OSPAR-Antrag werden die Staaten des
Nordost-Atlantiks nicht mehr aufgefordert, ein Moratorium zu beschliessen.
Stattdessen sollen sie nur noch „intensiv pruefen“, ob ein Moratorium fuer
neue Tiefsee-Bohrungen ueberhaupt noetig ist oder nicht. Selbst bei Annahme
des Antrags koennen also Erkundungen und neue Bohrungen in Tiefseegebieten
ungehindert weiter gehen.
Ueber 20 neue Tiefseebohrungen in Planung
„Die Oelkatastrophe von Mexiko hat gezeigt, dass Oelbohrungen in der
Tiefsee technisch nicht beherrschbar sind. Eine solche Katastrophe kann
sich jederzeit auch in Europas Meeren ereignen, mit unabsehbaren Folgen
fuer das Meer und auch die deutschen Kuesten“, so Greenpeace Experte
Juergen Knirsch. „Doch statt der Oelindustrie Grenzen zu setzen, will der
Umweltminister noch nicht einmal selbst zur Konferenz fahren.“
In Nordsee und Nordost-Atlantik sind derzeit ca. 730
Offshore-Installationen in Betrieb, ueber 20 neue Oel- und Gasprojekte von
200 bis zu 900 Metern Tiefe sind geplant. Greenpeace fordert den Verzicht
auf neue Oelbohrungen in Tiefen ueber 200 Metern, da im Notfall keine
Taucher in diesen Tiefen eingesetzt werden koennen. Greenpeace wird
Umweltminister Roettgen bei der heutigen Regionalkonferenz der CDU in
Duesseldorf auffordern, zur OSPAR-Konferenz nach Norwegen zu fahren.
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