Über 150.000 Web-Abmahnungen im Jahr – Immer neue Gründe – Abmahnsichere Gestaltung von Webseiten kaum möglich
Deutsche Websites und Homepages, ob privat oder gewerblich, lassen sich kaum rechtssicher gestalten. Dies gilt auch für gewerbliche Web-Angebote auf Verkaufs- und Auktionsplattformen. Immer neue, teils widersprüchliche Urteile bringen immer neue Ansatzpunkte für Abmahnungen. Die Abmahnaktivität ist erschreckend. So wurde laut Umfragen bereits jeder dritte Online-Shop einmal abgemahnt und 15% sogar mehrmals. Insider schätzen die Zahl jährlicher Web-Abmahnungen in Deutschland auf über 150000. Es kann jeden treffen. Selbst private Homepage-Betreiber und sogar Verbraucher werden zu Tausenden abgemahnt. Auch missbräuchliche Massen-Abmahnungen gibt es immer wieder. Eine neue Initiative will die Abmahnspirale ohne Ende nun endlich stoppen.
Nachdem sich Petitionen gegen die Abmahnpraxis als zahnlos erwiesen haben, weil sie immer wieder auf Anraten des Justizministeriums durch Beschluss weniger Entscheidungsträger abgewiesen wurden, setzt die Initiative Stopp-Abmahnwildwuchs des Portals hintergrundfakten.de jetzt auf ein anderes, in dieser Sache bisher beispielloses Vorgehen, damit es endlich zu einer adäquaten Gesetzgebung kommt.
Dabei sollen die überwiegenden Parlamentarier und Regierungsmitglieder, denen die problematischen Aspekte der Abmahnpraxis nicht geläufig sind, individuell überzeugt werden, damit sie sich für eine baldige Gesetzesänderung einsetzen. So will man den großen Einfluss derjenigen Juristen überwinden, die an der aktuellen Gesetzgebung festhalten wollen und die hohe Unzufriedenheit mit der Abmahnpraxis chronisch ignorieren, die aber in Parlament und Regierung weit in der Minderzahl sind.
Für die erforderliche große Zahl von Mitstreitern und für nachhaltige Publizität und stetige Dynamik sollen auf viele Webseiten verteilte Infolinks zur Initiative sorgen. Man rechnet mit guten Erfolgschancen, sofern viele Webseiten-Betreiber mitmachen. Da diese die Hauptleidtragenden der Abmahnpraxis sind, dürfte deren Bereitschaft groß sein.
Denn Webseiten-Betreiber tragen ein hohes finanzielles Risiko wegen unabsichtlicher Rechtsverstöße. Schon bei der ersten Abmahnung sind sie verpflichtet, Kosten und Anwaltsgebühren zu erstatten. Ferner sind strafbewehrte Unterlassungserklärungen abzugeben, mit Vertragsstrafen nicht selten im sechsstelligen Bereich. Wer arglos eine vorformulierte Erklärung mit weit gefasstem Unterlassungsrahmen unterschreibt, dem kann später leicht ein neuer Verstoß unterlaufen, der dann eventuell seinen Ruin bedeutet.
Setzen Gerichte wie so oft neue Regeln, die es fortan einzuhalten gilt, ist im Vorteil, wer dies zuerst wahrnimmt und kann schlecht informierte, nicht konforme Konkurrenten kostenpflichtig abmahnen. Da Laien die jeweilige Rechtslage nicht adäquat beobachten und einschätzen können, bleibt ihnen als Gegenmittel nur, einen Fachanwalt mit der permanenten Überwachung der eigenen Web-Präsenz auf mögliche Rechtsverstöße zu beauftragen.
Weil dies nur für finanzkräftige Betreiber tragbar ist, sind kleingewerbliche Konkurrenten hier im Wettbewerb benachteiligt. Wenn große Handelsketten zudem, wie bereits geschehen, kleine Online-Konkurrenten zu Hunderten abmahnen, können diese nicht nur verunsichert werden und fortan übervorsichtig handeln. Teils kann sogar deren Existenz auf dem Spiel stehen. Auch bei Online-Auktionen und -Marktplätzen gibt es immer wieder wirtschaftlich starke Verkäufer, die versuchen, schwächere Konkurrenten durch Abmahnungen zu vertreiben.
Das Instrument der Abmahnung, dass ursprünglich für fairen Wettbewerb sorgen und gleichzeitig helfen sollte, noch teurere, gerichtliche Verfahren zu vermeiden, führt unter den derzeitigen Anwendungsregeln nicht selten zu Missbrauch und benachteiligt vor allem viele kleine Marktteilnehmer. Auch besteht derzeit kaum eine Chance, nicht gegen irgendeine Regel zu verstoßen, durch immer neue Gerichtsurteile gesetzte inbegriffen. Selbst Fachanwälte können manchmal zu keinem bestimmten Verhalten raten, das mit Sicherheit vor Abmahnungen schützt.
Deshalb fordert die Initiative Stopp-Abmahnwildwuchs, dass in Zukunft abmahnfähige Mängel bei der ersten Abmahnung ohne Kosten und vielleicht ruinöse Unterlassungserklärungen beseitigt werden können. Diese Regelung würde gleichzeitig Abmahnern, die lediglich hohe Kostenerstattungen von vielen Abgemahnten eintreiben wollen, den Antrieb nehmen.
Darüber, wie tückisch die Rechtslage mittlerweile ist, über ihre weiteren Forderungen, ihre Strategie, die Möglichkeiten zum Mitwirken und Literatur zum Themenkreis Web-Abmahnungen und rechtssichere Website- und Homepage-Gestaltung informiert die Initiative auf ihren Informationsseiten.
Es geht der Initiative nicht nur um Abmahnmissbrauch. Sie fordert auch eine klarere Gesetzgebung und Vorlagen für oft strittige, rechtlich relevante Texte, etwa für Widerrufsbelehrungen, allgemeine Geschäftsbedingungen, Datenschutzerklärungen und Impressen, die Gesetzesrang haben sollten. Solche Vorlagen wären für Gerichte unangreifbar und man könnte sich verlässlich daran orientieren. Dies würde der Endlosspirale immer neuer Urteile, die neue Abmahngründe etablieren, die wieder zu neuen Urteilen führen, einen Großteil ihrer Dynamik nehmen. Auch sollte es keine überhöhten Streitwerte mehr geben und keine Abmahnungen wegen Kleinigkeiten, deren Schadwirkung eher theoretischer Natur ist.
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