Bereits gestern hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine Beseitigungsverfügung, die sich gegen die Verbreitung von gentechnisch veränderten Organismen richtet, selbst dann rechtmäßig ist, wenn der Verantwortliche keine Kenntnis davon hat und ihm im Gegenteil andere Untersuchungsergebnisse vorliegen. ilex erklärt die Hintergründe.
1. Sachverhalt zur Entscheidung
Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ging folgende Vorgeschichte voraus:
Ein landwirtschaftliches Unternehmen aus Südniedersachsen erwarb 2007 (Winter-) Rapssaatgut und brachte es auf Felder auf, die z.T. in Niedersachsen und z.T. in Hessen liegen. Vor der Abgabe in den Handel ließ der Hersteller zwei Proben aus der Partie auf zufälligen Besatz mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in zertifizierten Laboren untersuchen. Bei beiden Proben wurden keine entsprechenden Verunreinigungen nachgewiesen. Am 20. August 2007 sandte der Hersteller eine Probe dem zuständigen nordrhein-westfälischen staatlichen Veterinäruntersuchungsamt zur Untersuchung zu. Dort wurden Verunreinigungen der Probe mit GVO festgestellt, worüber der Hersteller informiert wurde. Ein erneutes Gutachten bestätigte die Verunreinigung. Das Regierungspräsidium Gießen wurde hierüber im September 2007 informiert. Da das landwirtschaftliche Unternehmen dieses Saatgut bezogen und verwendet hatte, trat das Regierungspräsidium Gießen an dieses Unternehmen heran.
Mit Verfügung vom 19. September 2007 untersagte das Regierungspräsidium dem Unternehmen sowohl den Anbau als auch das Inverkehrbringen des Saatgutes mit einer bestimmten Partiebezeichnung, ordnete die Vernichtung des bereits ausgesäten Saatgutes durch Grubbern oder Pflügen und die Nachbehandlung mit einem geeigneten Herbizid, ein Verbot der Aussaat von Raps auf den betroffenen Feldern bis Juli 2008 und eine entsprechende Berichtspflicht an. Der Verfügung wurde für sofort vollziehbar erklärt und mit der Androhung eines Zwangsgeldes versehen.
Als Rechtsgrundlage benannte die Behörde § 26 Absatz 1 des Gentechnikgesetzes. Die Anordnungen seien gerechtfertigt, da das landwirtschaftliche Unternehmen Saatgut mit Spuren von gentechnisch veränderten Organismen ohne eine dafür erforderlich Genehmigung ausgebracht hätte. Ziel sei es, die unkontrollierte Verbreitung des verunreinigten Saatguts zu verhindern. Die Maßnahme sei verhältnismäßig, da die Nutzung des Bodens für anderen Fruchtanbau möglich sei und die Anordnung daher nur eine mäßige Belastung der Kläger darstelle.
Hiergegen wendete sich das landwirtschaftliche Unternehmen mit einer Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Kassel, brachen aber am 12. Oktober 2007 ihre Felder um, nachdem ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom Regierungspräsidium Gießen am 26. September 2007 abgelehnt worden war. Da sich die Anfechtungsklage durch die Maßnahme vom 12. Oktober 2007 erledigt hatte, stellte das Unternehmen seine Klage um und beantrage festzustellen, dass der Bescheid rechtswidrig war (sog. Fortsetzungsfeststellungsklage).
Das Verwaltungsgericht Kassel wies die Klage zurück, während der Hessische Verwaltungsgerichtshof und der 6. Senat der Klage stattgab.
2. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (noch nicht veröffentlicht!)
Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidung des Hessischen VGH auf und stellte die erstinstanzliche Entscheidung wieder her. Die Entscheidung ist bislang noch nicht veröffentlicht, sodass hinsichtlich der Begründung auf die Pressemitteilung zurückgegriffen werden muss.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts waren die Anordnungen des Regierungspräsidiums Gießen rechtmäßig. Mit den Vorinstanzen sei davon auszugehen, dass in dem von dem landwirtschaftlichen Unternehmen erworbenen und ausgesäten Rapssaatgut gentechnisch veränderte Organismen enthalten waren, trotz der geringen gemessenen Werte sei dies eine ausreichende Tatsachengrundlage. Mit der Aussaat hat das landwirtschaftliche Unternehmen die gentechnisch veränderten Organismen unter Verstoß gegen das Gentechnikgesetz freigesetzt.
Entscheidend ist nun aber, dass dieser Verstoß das „gezielte Ausbringen in die Umwelt“ erfordert. Dieses Tatbestandsmerkmal setzte aber nicht voraus, dass dem Landwirt die Verunreinigung des Saatguts bekannt ist. Die vom Gesetz zwingend vorgeschriebene Untersagung der ungenehmigten Freisetzung umfasst auch die Beseitigung des durch die Aussaat herbeigeführten gesetzwidrigen Zustands.
3. Fazit
Das Fazit der Entscheidung liegt auf der Hand. Bringt ein Landwirt gentechnisch verändertes Material gezielt in die Umwelt und besitzt nicht die entsprechende Genehmigung, kann die zuständige Behörde dem mit einem umfassenden Bescheid begegnen. Hierfür ist keineswegs erforderlich, dass der Landwirt Kenntnis von der gentechnischen Veränderung hat. Hierauf sollte künftig geachtet werden.
Dr. Stephan Gärtner
Rechtsanwalt