Mit Beschluss vom 12. Januar 2012 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in einem Eilverfahren entschieden, dass der Bayreuther Bebauungsplan „Richard-Wagner-Museum“ Bestand hat. Der Antrag der Anwohner scheiterte, da nicht ersichtlich sei, dass gegen die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans schwerwiegende und unabweisbare Gründe sprächen. Damit knüpft der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hohe Hürden an sog. Normenkontrollanträge, mit denen die Rechtmäßigkeit von Bebauungsplänen angegriffen werden können. ilex erklärt die Hintergründe und zeigt, worauf die kommunalen Entscheidungsträger aber auch die Anwohner achten müssen, wenn es um das Schicksal von Bebauungsplänen geht.
1. Sachverhalt zur Entscheidung (grob vereinfacht)
Gegenstand der Entscheidung ist gewissermaßen das Richard-Wagner-Museum. Zur Weiterentwicklung des Objektes wurde ein neuer Bebauungsplan benötigt. Dem erforderlichen Bauleitplanverfahren ging ein städtebaulicher Wettbewerb voraus. Hierfür wurde auf einer zweitägigen Preisgerichtssitzung unter 23 eingereichten Arbeiten von einer umfangreichen Jury, bestehend aus Fachleuten und Mitgliedern des Stadtrats ein Siegerentwurf gekürt. Hierbei stand fest, dass die denkmalgeschützten Gebäude und Nebenanlagen auf dem Gelände erhalten bleiben. Mit dem Bebauungsplan und dem hierauf geplanten Bauprojekt ist ein Eingriff in das kartierte Biotop „Hofgarten“ verbunden. Dabei handelt es sich um ein 9,46 ha großes Gelände, von welchem 0,2 ha betroffen sind.
Gegen diesen Bebauungsplan wendeten sich anwohnende Nachbarn. Sie haben gegen diesen Bebauungsplan einen Normenkontrollantrag bei dem BayVGH gestellt und zugleich beantragt, der Stadt zu untersagen, Baugenehmigungen für das Projekt zu erteilen, solange nicht über ihren Normenkontrollantrag entschieden ist.
2. Rechtliche Würdigung des BayVGH
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies den Antrag zurück. Ein solcher Antrag könne nur dann erfolgreich sein, wenn die für ihn sprechenden Gründe so schwerwiegend sind, dass er unabweisbar ist. Hintergrund, so der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, seien die weitreichenden Folgen, die mit der begehrten Anordnung verbunden sind. Diese seien letztlich nur unter den o.g. Voraussetzungen hinnehmbar.
Gemessen an diesen Maßstäben war der Bebauungsplan nicht zu beanstanden.
Zunächst seien keine Mängel bei der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches (kurz: BauGB) ersichtlich. Nach dieser Vorschrift gilt: Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. In Anlehnung an die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung läge ein Abwägungsmangel nur dann vor, „wenn eine Abwägung überhaupt nicht vorgenommen worden ist, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge eingestellt hätten werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den verschiedenen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, der die objektive Gewichtigkeit eines dieser Belange verfehlt“.
Der Umstand, dass die Gemeinde einen Wettbewerb durchgeführt hat und der Siegerentwurf in den Bebauungsplan mit eingeflossen ist, stelle keinen Abwägungsausfall dar. Zwar müssten die Entscheidungsträger verschiedene Alternativen abwägen; das bedeute aber nicht, dass gleich auch mehrere Bebauungsplanentwürfe abgewogen werden müssen. Daher reiche die Auswertung des Wettbewerbs und die anschließende Prüfung durch die Entscheidungsträger sehr wohl aus.
Auch in umweltrechtlicher Hinsicht sei kein Abwägungsmangel ersichtlich, insbesondere habe der Umweltbericht die notwendigen Informationen erfasst. Im Hinblick auf denkmalschutzrechtliche Belange, seien die zuständigen Behörden gehört worden.
3. Fazit
Bebauungspläne sind das Herzstück der Kommunalpolitik. Die Durchführung von Infrastrukturvorhaben, die Ansiedlung von Investoren oder auch die Gestaltung der Gemeinden werden zentral hierüber gesteuert. Daher ist für alle Beteiligten Rechtssicherheit sehr wichtig.
Insofern kann die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes durchaus als Plädoyer für die Rechtssicherheit verstanden werden. Denn für die Aufhebung einmal beschlossener Bebauungspläne ist – jedenfalls im Wege des Eilverfahrens – nicht viel Platz geblieben.
Dieses Fazit ist allerdings nur ein solches „auf den ersten Blick“. Denn schon im Hauptsacheverfahren, spätestens im Verfahren um die nachfolgende Baugenehmigung sind die Erfordernisse geringer und die Sachverhaltsermittlungsmöglichkeiten größer. Dann kann ein Bebauungsplan durchaus noch gekippt werden.
Also bleibt für alle Beteiligten nur das Fazit, dass absolute Rechtssicherheit niemals zu erreichen ist (vgl. Stuttgart 21). Ein relativ hohe und somit investitionsfreundliche Rechtssicherheit wird nur durch einen proaktiven Ansatz erreicht; soll heißen: Nur, wenn die Entscheidungsträger von sich aus auf die Anwohner, Verbände und Investoren zugehen und mit allen gemeinschaftlich eine Lösung finden, werden Bebauungspläne und Baugenehmigungen Bestand haben.
Dr. Stephan Gärtner
Rechtsanwalt