Vorläufe von zwei Jahren sind die Regel

(BSOZD.com – News) Wer eine ambulant betreute Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz gründen will, muss meist viele Gespräche vor Ort führen

„Wohngemeinschaften bieten Demenzkranken wissenschaftlich erwiesenermaßen gute bis sehr gute Betreuungsmöglichkeiten und können von ambulanten Pflegediensten wirtschaftlich begleitet werden“. Dieses positive Fazit zog wig-Vorstand Claudius Hasenau am Ende der ersten Perspektivtagung des Vereins wig Wohnen in Gemeinschaft NRW e.V. Mit 85 Teilnehmern aus Verwaltung, Pflegewirtschaft und Ehrenamt war diese erste Tagung des Vereins zum Thema ambulant betreuter Wohngemeinschaften für Demenzkranke gut besucht. Bei aller Freude über die ermutigenden neuen Erkenntnisse stellten die Teilnehmer jedoch auch fest, dass es bei den Heimaufsichten vor Ort in der Nutzung der Gestaltungsspielräume des relativ neuen Wohn- und Teilhabegesetzes in Nordhein-Westfalen noch sehr viele Unsicherheiten und unterschiedliche Einschätzungen gibt. Auf die Frage im Workshoptitel: „Wie gründe ich eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz?“ erklärten die Praktiker quasi unisono, dass vor einer Gründung sehr viele Gespräche mit Politik, Heimaufsicht, Kostenträgern und Verbänden erforderlich sind. Vorläufe von zwei Jahren sind für die Gründung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft demnach eher die Regel als die Ausnahme. Die Organisatoren der Tagung, KCR Konkret Consult Ruhr, haben Infos von der Tagung veröffentlicht. Diese können ab sofort im Internet über die Webseite der Verbands www.wig-nrw.de gefunden werden.

Nicht von ungefähr fand die Tagung in Gelsenkirchen statt. Hier sind seit dem Start in 2006 mittlerweile 14 Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz in Gelsenkirchen aktiv. Umgerechnet auf die geschätzte Zahl von demenziell Erkrankten ist die Stadt mit einer WG pro 250 Menschen mit Demenz durchaus mit der als Hochburg geltenden Hauptstadt Berlin vergleichbar. Die Stadt Gelsenkirchen hat mit den Initiatoren Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen abgeschlossen und sorgt über ein Qualitätsforum für Pflegedienste sowie Angehörigentreffen für Transparenz. Dr. Wilfried Reckert, Seniorenbeauftragter der Stadt Gelsenkirchen, erklärte, die Rückmeldungen der Angehörigen seien überwiegend positiv.

Evaluationen zeigen Höchstwerte bei Wohlbefinden und Zufriedenheit der betreuten Bewohnerinnen und Bewohner

Auch Klaus Besselmann, Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), und Thomas Risse, KCR Konkret Consult Ruhr, bestätigten mit Ihrem Zwischenbericht aus dem Leuchtturm-Projekt zur Evaluation von Potenzialen von Haus-und Wohngemeinschaften die positiven Erfahrungen in Gelsenkirchen: „Systematische Beobachtungen, Mitarbeiter- und Angehörigenbefragungen ergeben höchste Wohlbefindens- und Zufriedenheitsergebnisse“, lautetet Ihr Fazit. Als Gründe dafür sehen die Experten die geringen Gemeinschaftsgrößen, vergleichsweise hohe Betreuungsdichten und ein hohes Maß an Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner am Tagesgeschehen an. Die Vertreter verschiedener Wohngemeinschaften aus Castrop-Rauxel, Dortmund, Herne, Mülheim und Wuppertal unterstrichen mit ihren Rückmeldungen diese Ergebnisse.

„Es ist ständig jemand da. Nicht auf ‚Betreuungs-Highlights‘ ,sondern auf die Einbindung in den Alltag kommt es an: jede und jeder hat seine noch so kleine Aufgabe“, sagte eine Teilnehmerin im Praxisforum. Wohngemeinschaften werden oft als „Schmuckstücke‘ in der Pflegelandschaft erlebt, weil sie Menschen mit Demenz nicht künstlich passiv machen, sondern auf alltägliche Art und Weise aktivieren.
Thematisiert wurde dabei die ‚Beschäftigung‘ von Männern, die dem klassischen Rollenklischee entsprechend weniger mit hauswirtschaftlichen Angeboten anfangen können. Einige Teilnehmer berichteten von guten Erfahrungen mit der Einstellung männlicher Betreuter, die andere Angebote ermöglichen. Gerade diese alltagsnahen Qualitätsaspekte ambulant betreuter Wohngemeinschaften lassen sich in den neuen „Kundenorientierten Qualitätsberichten“, die von stationären Einrichtungen bereits genutzt werden, ideal vermitteln. Das zeigte sich in der Diskussion mit Roland Weigel, KCR, der diese innovative Berichtsform vorstellte.

Neues Wohn- und Teilhabegesetz in NRW schafft Spielräume, beseitigt jedoch die Unsicherheiten bei Trägern nicht

Viele Qualitätsdebatten rund um Wohngemeinschaften wurden in Nordrhein-Westfalen durch die Einführung des Wohn- und Teilhabegesetzes, das seit Anfang des Jahres in Kraft ist, ausgelöst. Dr. Lutz H. Michel, Rechtsanwalt beim DIS Institut für Serviceimmobilien GmbH, stellte das Gesetz vor. Aus seiner Sicht schafft es neue Handlungsspielräume für Pflegedienste, etwa zur Entwicklung flexibler und modularer Angebote bis hin zum „Integrierten WG-Management“. Aus wirtschaftlicher Sicht zeigte Jürgen Schulz, KCR, anhand von Fallbeispielen, dass Wohngemeinschaften – je nach Art der betreuten Fälle – sowohl teurer, als auch billiger sind als stationäre Einrichtungen. Grundsätzlich haben alle Wohngemeinschaften mit dem Problem zu kämpfen, dass die Pflegeversicherung im ambulanten Bereich deutlich geringere Sätze vorhält als im stationären. Offenbar, so zeigte die heftige Diskussion, gibt es derzeit bei Heimaufsichten völlig unterschiedliche Interpretationen bei der Abgrenzung zwischen Wohngemeinschaften und stationären Einrichtungen. „Hier ist offenbar noch Klärungsbedarf nötig, um mehr Handlungssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen“, erklärte Claudius Hasenau für den aktiven Verband, der damit – neben der laufenden Beratung von Kunden und Dienstleistungsanbietern – eine weitere Aufgabe auf der Agenda stehen hat.

Wohnen in Gemeinschaft NRW e.V.
„Wohnen in Gemeinschaft NRW e.V.“ (kurz: WIG e.V.-NRW) wurde 2007 gegründet mit dem Ziel, eine unabhängige, kompetente Koordinations- und Beratungsstelle für alle Kunden und Dienstleistungsanbieter in NRW einzurichten, die sich für pflegerisch-ambulant versorgte Wohngemeinschaften hilfebedürftiger Menschen interessieren und engagieren.

WIG Wohnen in Gemeinschaft NRW e.V.
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