Wie Bankkunden Millionen darauf setzen, dass Banken zukünftige Zinsentwicklungen falsch einschätzen

München (pressrelations) –

Wie Bankkunden Millionen darauf setzen, dass Banken zukünftige Zinsentwicklungen falsch einschätzen

Noch während Klagen von Kommunen und kommunalen Unternehmen wegen einem als CMS Spread-Ladder-Swap vertriebenen Optionsgeschäft beim Bundesgerichtshof anhängig sind, macht bereits ein Nachfolgeprodukt der Deutschen Bank Schlagzeilen. Die Deutsche Bank bot ihren Kunden im Jahr 2006 sog. FIRST-Swaps an. Zu diesem Zeitpunkt stellte sie den Vertrieb der CMS Spread-Ladder-Swaps bereits langsam ein. Dieses Nachfolgeprodukt weist eine andere Struktur auf als der Spread-Ladder-Swap, zeigt sich jedoch für zahlreiche Kunden der Deutschen Bank gleichwohl fast ebenso verlustbringend.

Was steckt eigentlich hinter dem FIRST-Swap? Zumindest die Erkenntnis, dass die Deutsche Bank ihren Kunden empfahl, darauf zu spekulieren, dass die Banken die Zinsentwicklung falsch einschätzen, also dass die Banken mit ihrer Einschätzung zur Zinsentwicklung übertreiben.

Bei einem FIRST-Swap erhält der Kunde Zinszahlungen, die von einem sogenannten DB- FRB Euro Index abhängen, einen von der Deutschen Bank selbst erstellten Index, in welchem sie nach ihren eigenen Angaben die sog. Forward-Rate Bias abbildet. Gemeint ist damit ein Erfahrungswert dahingehend, dass Banken bei der Bemessung der Zinssätze für sog. Forwarddarlehen – also zukünftig bereitzustellenden Darlehen – die erwartete Zinsentwicklung gegenüber der tatsächlichen Zinsentwicklung übertreiben würden. Diese Übertreibung, so die von der Deutschen Bank propagierte Forward Interest Rate Strategy, könne für den Kunden nutzbar gemacht werden.
Es liegt auf der Hand, dass kein mittelständischer Unternehmer, kein Kämmerer einer Kommune und auch kein Verantwortlicher eines kommunalen Unternehmens beurteilen kann, ob und wenn ja, um wie viel Banken bei der Bemessung ihrer Forwardzinsen zu Übertreibungen neigen. Selbst derart professionelle und erfahrene Kunden können die zukünftige Zinsentwicklung nicht besser einschätzen als die Banken. Umso weniger können sie beurteilen, ob die im Forwardzins zum Ausdruck kommende durchschnittliche Marktmeinung der Banken eine Übertreibung darstellt.

Die Kunden einer Bank können sich bereits bei der Frage, ob eine solche Übertreibung überhaupt existiert, nur auf die Aussage der Bank verlassen. Daher formulierte die Deutsche Bank beim Vertrieb von FIRST-Swaps die vermeintlichen Erwartungen des Kunden hinsichtlich einer Fortdauer der Übertreibung in ihren Präsentationen dann auch vor.

Vor dem Start des Vertriebs des FIRST-Swaps hat sich die Deutsche Bank die Existenz dieser systematischen Übertreibung vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Frankfurt, in einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie bescheinigen lassen. In dem am 12.06.2006 veröffentlichten Endbericht dieser Studie wird dem Auftraggeber die Existenz einer systematischen Übertreibung bescheinigt. Bei genauerem Hinsehen schränkt das ZEW diese Aussage jedoch in mehrfacher Hinsicht ein. So heißt es dort, dass die Übertreibung in den von der Deutschen Bank rechnerisch zugrunde gelegten Jahren 1993 ? 2005 erheblich größer war als im langfristigen Durchschnitt. Auch stellt das ZEW fest, dass mit der von der Deutschen Bank empfohlenen Strategie – insbesondere bei kürzeren Anlagehorizonten von beispielsweise zwei Jahren – mit Verlusten gerechnet werden müsse. Die Schwankungen der Über- bzw. Untertreibung sei sehr stark.

Rössner Rechtsanwälte liegen verschiedene Produktunterlagen vor, in denen derartige FIRST-Swaps mit einer Laufzeit von drei Jahren an Kunden der Deutschen Bank vertrieben wurden. Ein Hinweis auf die aus der relativ kurzen Laufzeit folgenden Risiken findet sich dort jedoch nicht, obwohl sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Anlageberatung auf alle speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben, zu beziehen hat. Erst am 14.07.2009 bestätigte der BGH dies in einem weiteren Urteil (Az. XI ZR 152/08). Dazu gehört es auch, bei einer als Geschäftsidee propagierte Übertreibung der Banken Kunden mit kurzem Anlagehorizont auf die erhöhten Risiken hinzuweisen. Bereits hier liegt augenscheinlich ein Versäumnis der Deutschen Bank vor.

Zugleich zeigt der FIRST-Swap ein Grundproblem moderner synthetischer Finanzinstrumente plastisch auf: Ein Finanzinstrument, bei dem sich der Kunde eine Marktmeinung dazu bilden soll, wie sehr Banken zukünftig mit ihrer Marktmeinung bezüglich der Zinsentwicklung falsch liegen, stellt den Kunden vor eine unmögliche Aufgabe. Bereits die dem Finanzinstrument zugrunde liegenden, von der Deutschen Bank synthetisch geschaffenen Basiswerte sind viel zu komplex, als dass sich ein durchschnittlicher professioneller Kunde eine auf Fakten basierende Meinung zu deren zukünftigen Entwicklung bilden könnte. Schon deshalb hätte der FIRST-Swap überhaupt nicht erst angeboten werden dürfen.

Rössner Rechtsanwälte, München
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