Lehrte, 28.12.2012 Im gleichnamigen Märchen des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen vom 7. April 1837, wird ein feiner, außergewöhnlicher Stoff ohne Faden auf einem leeren Webstuhl hergestellt, der nur von Dummen Menschen nicht gesehen werden kann. Die Schlauen, Reichen, Schönen und Opportunisten freilich können ihn sehen und bewundern. Der Finanzminister ist nach der Kanzlerin der wichtigste Mann im Staat und stellt sich nicht über sie, sondern dürfte mit ihr staatstragende Entscheidungen absprechen. Gerüchteweise wird er nach der Bundestagswahl „die Katze oder den Knüppel aus dem Sack“ lassen und ein Milliarden schweres Sparprogramm vorstellen.
In der Debatte um ein mögliches Sparpaket von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich die CSU strikt gegen zusätzliche Belastungen der Bürger ausgesprochen. „Die christlich-liberale Koalition steht für eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, der „Welt“. Rösler will nun Beteiligungen des Staates verkaufen. Die Objekte sind dann weg und die erzielten Euro versickern in Projekten wie Stuttgart 21, Berliner Flughafen, in den Neubau von 2.000 morbiden Brücken, Stromstraßen, Atommüll Um- und Endlagerung, Subventionen und Steuervergeudung.
Die Menschen wissen was die Weltbank, der IWF, die EZB, die Notenbanken der Länder und das Europäische Parlament seit Beginn der Krise fordern: Sparprogramme in Form von Kürzung bei Sozialleistungen und Löhnen, Billiglöhne und Leiharbeit. Dann wollen sie noch die Einzelhaushalte konsolidieren, geschehen ist zwischenzeitlich nichts. Seit 2008, mit dem Immobiliencrash in den USA, ist die Staatsverschuldung der EU27-Staaten, den USA und Japan weiter gestiegen. Staaten, die nach dem Maastricht-Referenzwert von 60 Prozent selbst hoch überschuldet sind, bürgen unter einander für Nehmerstaaten.
Ursula von der Leyen, Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, wird in ihrem Armutsbericht so deutlich, dass die Regierung einige Passagen geändert hat. Die Familienministerin geht einen Schritt weiter. Sie fordert gesetzlich festgelegte Mindestlöhne und bricht damit ein Koalitions-Tabu. Unterstützt wird sie neuerdings ausdrücklich von Annette Schavan, Ministerin für Bildung und Forschung, die wegen Plagiatsvorwürfe in der Kritik steht.
Es ist in Deutschland eine Debatte entbrannt, wie viel mehr die Beschäftigten im nächsten Jahr verdienen sollten. Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Gert Wagner, warb am Montag für Abschlüsse von „im Durchschnitt vier Prozent oder mehr“. Dies sei „sinnvoll, um die Binnennachfrage anzukurbeln und so die extrem ausgeprägte Exportabhängigkeit zu mindern“. Wagner geht es um die Abkurbelung der Binnennachfrage.
Es geht aber darum aus den „Materialien“ von 2.071 Mrd. Euro Staatsschulden, Billionen Bürgschaften für Banken, deren Schrottpapiere, Rettungsschirme und ESM, so wie aus Billionen-Einnahmeverlusten ein Garn zu spinnen, das auf dem Webstuhl einen neuen sozialen Stoff webt. Mit der Forderung nach Mindestlohn und Lohnerhöhung werden publizistisch 2 Themen in den Vordergrund gestellt, die selbstverständlich sind, da die Beschäftigten so oder so doch rund 3 Prozent erstreiken würden. Das Gefährliche daran ist, dass Politiker und Lobbys damit von allen anderen brennenden Themen und Problemen vor der Wahl ablenken wollen.
Die Koalition will und muss aus ihrer Sicht unbedingt verhindern, was SPD, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke, Gewerkschaften und Sozialverbände einheitlich, man könnte fast meinen wie Preisabsprachen an den Tankstellen, fordern: Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen, Einführung einer monatlichen Grundrente zwischen 850 und 950 Euro, Wiedereinführung der Vermögenssteuer, Erhöhung der Erbschaftssteuer, Einführung einer Finanztransaktionssteuer, Bankensteuer und Abschaffung des milliardenschweren Elterngeldes.
Um Auseinandersetzungen zu führen, besonders kriegerische, bedarf es eines Feindbildes. Waren es bei Hitler die Juden, im Irak angebliche Atomwaffen oder deren Herstellung, haben die innenpolitischen Vorwürfe ein anderes Kaliber. Es waren die Kommunisten, die roten Socken oder die Grünen die das Land an den Rand des Ruins führen wollten. Ob Plagiatsvorwürfe, Nebeneinkünfte des politischen Feindes, Bestechungs- oder Sexaffären (Seehofer) oder einfache Denunzierung. Es ist jedes Mittel Recht den Gegner ins Abseits zu stellen.
268 Tage vor der Bundestagswahl 2013 befindet sich die Koalition in der misslichen Lage, den Wählern erklären zu müssen was sie wollen und wo ihre Ziele liegen. Welche Alternative stellen sie den Forderungen der (breiten) Opposition nach mehr sozialer Gerechtigkeit gegenüber? Die nächste Regierung wird von den Parteien gestellt, die erklären, wo sie die fehlenden Einnahmen für leere Staatkassen hernehmen wollen. Die Lage ist in sofern schwierig, dass rund 68 Prozent der Deutschen mit ihrer Situation zufrieden sind. Sie erhalten im Falle von Arbeitslosigkeit monatliche Leistungen, die die restlichen 32 Prozent „nie“ durch ihre Arbeit erreichen werden.
Die 68 Prozent der „uns geht es doch relativ gut“ Deutschen interessieren sich in der Mehrheit nicht für die Probleme der an der Armutsgrenze liegenden Haushalte und Einzelpersonen. Das Vermögen der Deutschen beträgt rund 12 Billionen Euro (48 % Barvermögen, 52 % Anlagevermögen). Zehn Prozent der Deutschen über 19 Jahre besitzen rund 85 dieses Vermögens. Handel und Gewerbe setzten 2011 rund 5,2 Billionen Euro um. Die Diskussion um Steuererhöhungen findet auf der Basis dieser Einnahmen statt. Im Klartext heiß das, bei einer höheren Besteuerung von 1 Prozent würden rund 172 Mrd. Euro mehr in die Staatskasse fließen.
Die Initiative Agenda 2011 – 2012 geht einen Schritt weiter und zeigt, wie zusätzlich 100 Mrd. Euro über Strukturreformen und Sparmaßnahmen zur Sanierung beitragen. Das im Mai 2010 vorgestellte Sanierungskonzept umfasst zwischenzeitlich ein Volumen von über 275 Mrd. Euro pro Jahr. Das Programm ist auf 10 Jahre ausgelegt und hat eine Gesamtsumme von drei Billionen Euro. Entscheidend bleibt: Gelingt es der Koalition nicht, die Finanz- und Vermögenselite stärker an den Kosten des Staates zu beteiligen, werden die gebündelten Kräfte der Opposition und ihre strategischen Partner die Oberhand gewinnen.
Die „dummen“ Armen sehen ihre wachsende Abhängigkeit vom Staat, die „schlauen“ Reichen nicht, dass sie das ändern müssen. Armut bekämpft man nicht durch Erhöhung von Sozialleistungen, sondern durch menschenwürdige Einkommen.
Dieter Neumann
Dieter Neumann
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Agenda 2011 – 2012
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Agenda 2011 – 2012 setzt sich seit 2009 ehrenamtlich mit den Staatseinnahmen und Staatsausgaben der Bundesrepublik Deutschland auseinander. Es fehlen klare politische Richtlinien wie die Staatsverschuldung von 2.071 Milliarden Euro, Billionen Bürgschaften für Banken, deren Schrottpapiere, EU Rettungsschirme und ESM und die größten Einnahme Verluste aller Zeiten, kompensiert werden können. Die Antwort: Ein Sanierungskonzept mit einem jährlichen Volumen von über 275 Milliarden Euro. Dieses Konzept haben wir am 20. Mai 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt und das Gründungsprotokoll als Buch veröffentlicht. Es ist wahrscheinlich das einzige Konzept dieser Art in Europa.