ZASTROW-Interview für die „Rheinische Post“
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende HOLGER ZASTROW gab der „Rheinischen Post“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte MICHAEL BRÖCKER:
Frage: Die NRW-FDP spielt mit der Option einer Ampel-Koalition. Was halten Sie davon?
ZASTROW: Über Bündnisse entscheiden bei uns die Landesverbände eigenständig. Da möchte ich der NRW-FDP nicht hineinreden.
Frage: Halten Sie eine solche Konstellation im Bund für möglich?
ZASTROW: Eine Ampel-Koalition im Bund halte ich für ausgeschlossen. Es gibt für die FDP im Moment nur einen natürlichen Verbündeten, und das ist die Union, auch wenn sie sich in irritierender Art und Weise immer stärker sozialdemokratisiert. Aber das ist auch Chance und Pflicht für uns: Wir sind die einzige Partei, die noch ohne Wenn und Aber die Werte der Marktwirtschaft hochhält. Die bürgerlichen Wähler haben nur noch die FDP als marktwirtschaftliches und freiheitliches Korrektiv.
Frage: Das sehen derzeit in Deutschland offenbar nur zwei bis drei Prozent der Wähler so.
ZASTROW: Ja, aber wenn es die FDP nicht schon gäbe, müsste man sie genau jetzt erfinden. Unser Kampf für Freiheit, Leistungsgerechtigkeit, fairen Wettbewerb, Schutz des Eigentums und Individualität statt Kollektivismus unterscheidet uns klar von allen anderen. Es wird immer mehr Platz für die FDP frei, wenn alle Parteien dem linksgrünen Zeitgeist folgen und auch die CDU Prinzipien opfert und nach links rutscht. Herr Röttgen und Herr Laumann stehen in NRW ganz exemplarisch für diese Entwicklung.
Frage: Also wieder zurück zu einer marktliberalen FDP?
ZASTROW: Wir fahren einen klaren ordnungspolitischen Kurs, wie wir ihn bei der Ablehnung staatlicher Hilfen für Schlecker demonstriert haben.
Frage: Sieht so mitfühlender Liberalismus aus?
ZASTROW: Ich fühle mit den Schlecker-Mitarbeitern, nicht aber mit einem gescheiterten Geschäftsmodell. Aber ich fühle auch mit den 80 Prozent kleiner selbständiger Drogisten im Raum Dresden, die oft auch durch den Druck großer Ketten wie Schlecker dichtmachen mussten. Für die hat auch kein Gewerkschafter staatliche Hilfen gefordert und Mahnwachen abgehalten. Im Übrigen kann ich mit dem Begriff an sich nichts anfangen. Ich stehe für einen Liberalismus ohne Adjektive, ohne Schubladen. Wir sind kein intellektueller Debattierclub, sondern eine Partei, die nahe an den Menschen dran ist. Allein in Sachsen haben wir beispielsweise 500 kommunale Mandate und mehr Bürgermeister als SPD, Linke und Grüne zusammen. Und für uns geht Freiheit immer mit Verantwortung einher. Das ist auch der Unterschied zu den Piraten, die von Freiheit reden, aber in Wirklichkeit Anarchie meinen und beispielsweise Eigentumsrechte wie Urheberrechte im Internet schleifen wollen.
Frage: Dann dürfte die FDP dem Betreuungsgeld nicht zustimmen?
ZASTROW: Ich halte das Betreuungsgeld für ein falsches Instrument, aber es gilt der Koalitionsvertrag. Und wir sind vertragstreu. Aber das darf keine Einbahnstraße sein. Wir sollten mit einer Zustimmung zum Betreuungsgeld unsere Koalitionspartner auch an andere Themen im Koalitionsvertrag erinnern, die bisher nicht angepackt wurden, etwa die Vereinfachung des Steuersystems und die Entlastung der berufstätigen Mitte.
Frage: Wie groß ist noch der Rückhalt für Parteichef Philipp Rösler?
ZASTROW: Sehr groß.
Frage: Bleibt er Vorsitzender, wenn die Landtagswahlen verloren gehen?
ZASTROW: Natürlich bleibt er das, wir werden in Kiel und in Düsseldorf in den Landtag einziehen und den Wiederaufstieg der FDP mit Philipp Rösler an der Spitze sehen.
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